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Kleine geile Firmen

„Wer in den 70er Jahren für ‚Autonomie’ eintrat, wollte nicht länger durch Vorgesetzte bevormundet werden. Heute fordern neoliberale Managerinnen ihrerseits Autonomie und selbstbestimmtes Arbeiten von ihren Untergebenen ein. War die Alternativbewegung ein Wegbereiter des Neoliberalismus?“ Dieser Frage ist der Historiker Arndt Neumann in seinem Buch „Kleine geile Firmen. Alternativprojekte zwischen Revolte und Management“ nachgegangen. Darin schildert er die Anfänge der Alternativbewegung: die Gegenkultur der 1960er und 1970er Jahre, den Wunsch, anders zu leben. Besondere Aufmerksamkeit schenkt er dem Alltag in den Kollektiven, denn hier trafen Anspruch und Wirklichkeit, politische Ziele und ökonomische Zwänge des alternativen Wirtschaftens aufeinander. Aus diesem Widerspruch entstand eine neue Kultur der Unternehmensführung. Arndt Neumann zeichnet nach, wie die Arbeitsdisziplin ganz selbstbestimmt wieder Einzug in viele Kollektive hielt – und wie die „Geschäftsführer*innen der Alternativbewegung“ und „neuen Unternehmensberater*innen“ daran gingen, die Werte und Forderungen der Alternativen für den kapitalistischen Markt umzuformen. Das Buch bietet einen gut lesbaren Abriss des wechselvollen Verhältnisses von Autonomie und unternehmerischem Denken, an dessen Ende die Frage steht, was die Forderung nach Autonomie (in) der Arbeit heute bedeuten könnte.

Arndt Neumann: Kleine geile Firmen. Alternativprojekte zwischen Revolte und Management. Edition Nautilus, Hamburg 2008. 96 Seiten, 10 Euro.

Berg- und Talfahrt

Der Arbeitsgemeinschaft sozialpolitischer Arbeitskreise (kurz: AG SPAK) beschäftigt sich seit langem mit Formen alternativer und solidarischer Ökonomie. Kein Wunder, dass in ihrem Sortiment einige der umfassendsten Textsammlungen zu Theorie und Praxis der Alternativbetriebe erschienen sind. Ein Doppelband, der besondere Aufmerksamkeit verdient, ist die von Rolf Schwendter herausgegeben Textsammlung „Die Mühen der Berge“ / „Die Mühen der Ebene“, beide mit dem Untertitel „Grundlegungen zur alternativen Ökonomie“. In den beiden Büchern sind Texte zur Kollektivbewegung von der Anfangszeit bis in die 1980er Jahre versammelt – eine funkensprühende Auswahl des begeisterten Bewegungschronisten Rolf Schwendter. Darunter Ferdinand Lassalles Rede „Über Staatsknete“ von 1863, feurige Kritiken an den „Geschäftsführern der Alternativbewegung“, die Einführung des Markenzeichens Made in Selbstverwaltung sowie ganz und gar marxistische Analysen der ökonomischen Figuren in der Alternativwirtschaft. Für alle, die sich mit der Stimmung und den Diskussionen der kollektiven Gründerzeit vertraut machen wollen, eine Fundgrube voller Schätze und kurioser Wortmeldungen. Leider ist nicht in allen Fällen mehr nachvollziehbar, wo die Texte erstmals erschienen sind.

Rolf Schwendter (Hg.): Die Mühen der Berge, Grundlegungen zur alternativen Ökonomie – Teil 1, und Die Mühen der Ebene, Grundlegungen zur alternativen Ökonomie – Teil 2, beide AG SPAK, München, 1986. 292 und 267 Seiten, jeweils 12,50 Euro.

Contraste

Seit 1984 gibt es Contraste – die Monatszeitung für Selbstorganisation. Seitdem begleitet sie die Alternativbewegung als Sprachrohr und Diskussionsforum. Ein wenig in die Jahre gekommen bietet sie immer noch eine Sammlung wichtiger Texte über große und kleine Versuche solidarischen Wirtschaftens – und sucht mit Engagement nach den großen und kleinen Alternativen zu Globalisierung, Sozialabbau, Verarmung und Umweltzerstörung. Contraste erscheint monatlich mit einer Auflage von ca. 3.000 Exemplaren und 16 Seiten Umfang in Deutschland, Österreich und der Schweiz.

www.contraste.org